Donnerstag, 10. November 2016

Haustiere



Letzten Sonntag erkrankte Tommy Lee ganz plötzlich. Er war apathisch, fraß und trank nicht, zog sich zumeist in seine Höhle zurück oder lag für ein Weilchen nur auf dem Fußboden; kein Hochspringen, kein Schnurren, ja, er wollte noch nicht einmal länger gestreichelt werden. Ich machte mir große Sorgen und rief Montag früh gleich in meiner Tierarztpraxis an. Und nun geschah das Unglaubliche: Die junge Frau am Telefon sagte mir, sie könne mir absolut keinen Termin geben, auch nicht für einen Notfall! Ich flehte, ich bettelte, aber sie blieb unerbittlich, kein Termin, obwohl ich schon etliche Male mit Tommy Lee in der Praxis gewesen bin. Ich solle in die Tierklinik nach Oberalm fahren (ich habe kein Auto) oder zu einem anderen Tierarzt gehen. Schließlich erhielt ich die Adresse eines Tierarztes relativ in meiner Nähe. Sofort rief ich dort an und erklärte den Sachverhalt. Der Tierarzt erwiderte ruhig und freundlich, dass ich selbstverständlich kommen könne.Tommy Lee wurde - ohne jede Wartezeit - untersucht und es stellte sich heraus, dass er eine fiebrige Infektion hat. Er bekam eine Spritze und muss für fünf Tage Antibiotika nehmen. Bereits kurze Zeit nach der Spritze ging es ihm wesentlich besser und dank meiner Überlistungskunst nimmt er zweimal am Tag sein Antibiotikum. Außer, dass er noch recht wenig frißt, ist er wieder der alte.
(Unnötig zu erwähnen, dass ich nie wieder einen Fuß in meine bisherige Tierarztpraxis setze, sondern bei diesem Tierarzt bleibe, bei dem ich mich - und meine Katze - gleich gut aufgehoben fühlte).
Meine Tochter in München - sie hat zwei Katzen - und ihre Freundin (die auch meine Freundin ist) besitzt eine. Beide nahmen großen Anteil an Tommy Lees Erkrankung und freuten sich mit mir, als es mit ihm rasch wieder bergauf ging.
Gestern aber kam die Nachricht, dass die Katze der Freundin eingeschläfert werden muss. Sie war schon länger nierenkrank, es gab immer ein Auf und Ab in ihrem Befinden, aber nun ging es ihr so schlecht, dass sie erlöst werden musste.
Natürlich nahm auch ich Anteil (wie nah liegen Freude und Kummer beieinander) und als es spät am Abend hieß, die Katze ist über die Regenbogenbrücke gegangen, musste ich - viele Kilometer entfernt - weinen. Ich weinte nicht nur wegen der Katze und der Freundin, die nun unendlich traurig ist, sondern auch, weil ich selbst schon geliebte Tiere loslassen musste.
Meine Katzen:
- Merly (Miss Merly), die alle Weisheit der Welt in ihren Augen hatte
- Tom (der Dicke), der buddhaähnlich war
- Jeanie (Augenstern), die dem Dicken Tom ein Küsschen gab, ehe er starb
- Sammy (Gorilla), der ganz speziell war
- und meine Hündin Bella (Herzblatt), die so gutmütig war
Es gibt Menschen, die sagen, ich lege mir erst gar kein Haustier zu, dann brauche ich nicht Abschied nehmen. Aber alle, die ein Haustier (oder mehrere Haustiere) haben, wissen, welche Bereicherung ein Tier ist. Es behält uns im Zustand der Liebe, kritisiert nicht und unser sozialer Status ist ihm völlig gleichgültig. Und wir, die wir mit Haustiere leben,wissen, dass Tiere keine Sache sind, sondern Lebewesen, die Empfindungen und eine Seele haben.
Ist nicht Abschied-nehmen-müssen das als Preis wert ?

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