Mittwoch, 29. April 2020

Frei nach Loriot: Ein Buch ! Ein Buch !


Der Titel ist - wenn auch nur eine geringfügige - Untertreibung,  denn ich möchte vier sehr unterschiedliche Bücher, die in letzten Zeit zu meiner Sammlung hinzukamen, vorstellen. Wir haben jetzt mehr Lockerungen, aber nach wie vor die Corona-Krise und daheim bleiben ist immer noch eine gute Option! Und uns verbleibt Muße zum Lesen....


Mein Sohn war Anfang des Jahres in Amerika und hat mir Dropped Names von Frank Langella mitgebracht, da er weiß, wie sehr ich diesen Schauspieler mag. Ich habe Frank Langella - leider - erst sehr spät entdeckt, und zwar in dem Film Frost/Nixon. Wie dieser Mann mit seinen Augen eine ganze Skala von Empfindungen ausdrückt - ich wurde sofort sein Fan ! Geboren wurde Langella 1938 in Bayonne, New Jersey, und hat eine lange Schauspielkarriere. In seinem Buch erzählt er von Begegnungen mit (65) berühmten Menschen.
Seine erste Begegnung war die mit Marilyn Monroe: Er ist fünfzehn Jahre alt und fährt heimlich nach New York. Dafür hat er lange gespart und ihm bleibt nur ein Tag. In New York wandert er den Times Square entlang, ohne zu wissen, wonach er sucht. Spät am Nachmittag macht er sich tief enttäuscht auf den Rückweg zum Flughafen. Plötzlich kommt aus einer Seitenstraße eine schwarze Limousine auf ihn zu und ihr entsteigt Marilyn Monroe.  Sie sieht ihn dort stehen, blickt ihn an und sagt mit sanftem Flüstern "Hi". Dieses "Hi" befreit ihn von dem Gefühl, nichtssagend und in seinem kleinen Heimatort wie in einem Gefängnis zu sein. "One was enough. Lightning had struck."

Billie Burke verbrachte die letzten Jahre ihrer Karriere damit, die Schulden ihres Ehemannes Florenz Ziegfeld zu begleichen. So stand sie 1956 mit zweiundsiebzig Jahren in der Komödie The Solid Gold Cadillac auf der Bühne und Frank Langella ergatterte zwei kleine Rollen. Die erste Rolle war die eines Reporters, der eine Kamera hält. Seine zweite bestand darin, Billie Burke beim Schlußapplaus als Solid Gold Chauffeur auf die Bühne zu begleiten und sich dann hinter den Vorhang zurückzuziehen. Alles an ihm war golden, selbst sein Gesicht. Von Vorstellung zu Vorstellung wurde sein Rückzug kürzer und bei der allerletzten Vorstellung, während das Publikum enthusiastisch applaudierte, blieb er einfach neben Billie Burke stehen, nahm ihre Hand und führte sie dann von der Bühne. Sie drehte sich zu ihm um, schaute ihn an und sagte:  "Mustn´t be greedy, dear. Your time will come."
Ich liebe dieses Buch sehr, lese mit Genuss die Episoden und bin berührt davon, wie Langalla seine Begegnungen beschreibt: da gibt es herzerwärmende, traurige, lustige, kritische, ablehnende - und
immer ist er selbstironisch.
(Das Buch gibt es auch bei uns zu kaufen)


Mit Freefall ist Jessica Barry ein bemerkenswert aussergewöhnlicher Debütroman gelungen:

Die dreißigjährige Ally überlebt einen Flugzeugabsturz in den Rocky Mountains. Völlig alleine kämpft sie sich durch unwegsames, menschenfeindliches Gebiet. Sie wird jedoch verfolgt von jemandem, der ihr nichts Gutes will.
Allys Mutter erhält die Nachricht, dass ihre Tochter tot ist, die Leiche aber nicht gefunden wurde. Das lässt sie hoffen, dass ihre Tochter noch lebt. Da sie seit Jahren keinen Kontakt zu ihr hatte, versucht sie, alles über Ally in dieser Zeit des Schweigens herauszufinden. Aber nichts davon, was sie erfährt, gefällt ihr...
 Ich verspreche mit diesem Thriller atemlose Spannung, man muss immer weiter und weiter lesen - ein echter Pageturner !




Achtung !! Dieses Buch hat Sogwirkung !!

Bei dem Versuch einer Inhaltsangabe stelle ich fest, dass sich die Vielschichtigkeit dieses Buches
sehr schwer wiedergeben lässt. Deshalb übernehme ich zunächst den Klappentext:
"Der junge Arzt Norton Perina kehrt mit einer unfassbaren Entdeckung von der Insel Ivu´ivu zurück: Hat er wirklich ein Mittel gegen die Sterblichkeit gefunden? Eine uralte Schildkrötenart soll das Geheimnis des ewigen Lebens in sich tragen.
So kometenhaft Perina damit zur Spitze der Wissenschaft aufsteigt, so rasant vollzieht sich die Kolonisierung und Zerstörung der Insel. Mit gnadenloser Verführungskraft zieht Hanya Yanagihara uns hinein in den Forscherrausch im Urwald und lässt uns auch dann nicht entkommen, als Perina dort eine weitere Entdeckung macht: seine fatale Liebe zu Kindern. Wie betrachten wir eine Lebensleistung, wenn sich das Genie als Monster entpuppt? Das ist die Frage in diesem brillant geschriebenen, gefährlichen Dschungel von einem Roman."

Damit ist eigentlich alles gesagt, aber doch zu wenig, was die Faszination dieses Romans ausmacht: Es geht um ein Geflecht von Forschergeist, Anthropologie, Grausamkeiten im Namen der Wissenschaft, Jagd nach Ruhm, menschlichem Fehlverhalten, Freundschaft, Feindschaft und unangemessener Liebe.

Zu erwähnen ist noch, dass das Buch viele Fußnoten enthält und man oft in Versuchung ist, das Angegebene zu überprüfen. Hier ein ganz kurzes Beispiel:
S. 139, 25 Die Opa´ivu`eke ist bis heute die einzige verzeichnete Schildkröte, die dauerhaft sowohl in Süß- als auch in Salzwasser leben kann.



Ich habe schon einmal erwähnt, dass ich zwischendurch auch gerne gelegentlich Jugendbücher lese und so schaue ich in den Buchhandlungen auch immer über das Angebot an Jugendliteratur hin. Tausend Mal Schon von Marah Woolf ist mir durch die Aufmachung aufgefallen: lila Seitenkanten mit Libellen




Die Geschichte: Die achtzehnjährige Sasha stammt aus einer Magierfamilie, will aber ihre Gabe nicht annehmen. Als sie nach dem Tod ihrer Eltern zur Großmutter auf die abgeschiedene Insel Alderney kommt, ist das zunächst auch ganz einfach. Doch dann tritt Cedric de Gray in ihr Leben. Er rettet sie vor dem Ertrinken und vor dem Seelenfänger Lazarus Rimmon, der es durch viele Leben hindurch auf ihre Seele abgesehen hat. Für Cedric ist es sein tausendstes und als Verfluchter letztes Leben. Sasha verliebt sich in ihn und sucht verzweifelt nach einem Weg, seine Seele und damit ihn zu retten. Dafür muss sie jedoch ihre magische Begabung annehmen.
Aber gelingt es ihr? Nur so viel sei verraten, das Ende ruft nach einer Fortsetzung.

Das Buch ist eine Mischung aus Mysterie, Phantasie, Liebesgeschichte und Krimi. Es liest sich leicht wie Urlaubslektüre, aber wenn man genauer hinschaut, lässt sich einiges aus dem Magischen lösen und in das reale Leben übertragen: beispielsweise, indem man Lazarus als faustisches Element sieht.





Eigentlich ist meine Zeit, als ich Hesse mit Hingabe las, schon länger vorbei. Aber in Tausend Mal Schon ist vorab ein wunderbares Gedicht von Hesse aus eben diesem Band  Das Lied des Lebens. Ich besitze einige Gedichtbände und schreibe ja selbst gelegentlich Gedichte, so kaufte ich mir das Bändchen. Nun lese ich Gedicht für Gedicht und lasse jedes nachhallen. Und wenn ich weiß, ich muss irgendwo warten, ist das Büchlein in meiner Handtasche. Hier ein kurzes Gedicht von Hesse, passend zur Jahreszeit:

Frühling
In dämmrigen Grüften
Träumte ich lang
Von deinen Bäumen und blauen Lüften,
Von deinem Duft und Vogelgesang

Nun liegst du erschlossen
In Gleiß und Zier
Von Licht übergossen
Wie ein Wunder vor mir.

Du kennst mich wieder,
Du lockst mich zart
Es zittert durch alle Glieder
Deine selige Gegenwart
 



Für mich gehören zu  Büchern Lesezeichen, denn ein Eselsohr als Markierung käme niemals in Frage. Ich sammle sie mit Hingabe - hier eine kleine Auswahl.
Auf der Rückseite eines Lesezeichens steht "Lieblingsbuch"


Ich habe viele Bücher, die ich sehr mag (bis hin zu zweimal gelesen), aber dieses Lesezeichen gehört eindeutig in mein unbestrittenes Lieblingsbuch  Die Kalifornische Sinfonie von Gwen Bristow. Dieses Buch besitze ich schon seit rund fünfzig ! Jahren und ich habe es schätzungsweise bereits fünfundzwanzig Mal gelesen. Manchmal von Anfang bis Ende, manchmal ab einer bestimmten Stelle.

Passt weiterhin gut auf euch auf, bleibt achtsam - und vor allem gesund!







Sonntag, 5. April 2020

Ich bin wieder da....

...nach fast einem Jahr Schweigen....
Zunächst war 2019 angefüllt mit Tiefpunkten: in München starb im Frühjahr eine liebe Freundin nach zwei Jahren Kampf an Krebs. Diese Freundin war der großherzigste Mensch, den ich kenne. Selbst als es ihr immer schlechter ging, kümmerte sie sich noch um andere. Ich denke oft an sie und vermisse sie.
Nach ihrem Tod brauchte ein mir sehr, sehr nahestehender Mensch, der durch den Verlust direkt betroffen war, meinen Beistand, den ich ihm selbstverständlich von Herzen gerne gab.
Im Herbst erwischte mich eine starke Erkältung und ich hatte über einen langen Zeitraum hin scheußliche Hustenanfälle. Glücklicherweise sind sie inzwischen verschwunden.
In der zweiten Jahreshälfte gab es aber auch Höhepunkte: im Oktober wieder hier Jazz & The City

Cover des Booklets
  und mein Sohn, seine Freundin und ich (immer noch mit Hustenanfällen und ausgerüstet mit diversen Sprays, Hustenbonbons und Trinkflasche)  hörten uns viele großartige Konzerte an verschiedenen Spielorten an. Ein besonderer Spielort war die Werkstatt des Schirmmachers (ja, es gibt wirklich hier in Salzburg einen Schirmmacher) in der Getreidegasse.

Foto aus dem Booklet


Und im November Herbie Hancock im Gasteig in München. Die Karten für meine Tochter, meinen Sohn und mich waren längst gekauft und man denkt, bis November ist es noch so lange hin, hoffentlich kommt nichts dazwischen und auf einmal - zack - ist es soweit. Zu dem Konzert lässt sich nichts anderes sagen als: großartig, großartig, großartig !



An Silvester hat sich wohl jeder gewünscht, dass 2020 ein gutes Jahr wird. Für uns ließ es sich auch zunächst gut an, denn das Corona-Virus im fernen China schien weit weg und es war unvorstellbar, dass es nach Europa schwappen könnte.
Anfang Januar waren mein Sohn und ich noch ohne jede Bedenken zum Shoppen in München und in der ersten Märzwoche erneut, aber schon vor- und umsichtiger. Shoppen bedeutet für uns übrigens: CDs, Filme, Bücher, also Müller im Tal, Hugendubel am Marienplatz und Saturn in der Kaufinger Straße.
Zuvor hatten wir uns im Das Kino in der Matinee die Doku über Miles Davis angeschaut und als wir in München waren, konnte ich nicht widerstehen, mir die LP mit seiner Musik zu dem Film "Fahrstuhl zum Schafott" zu kaufen.

Foto aus Kinoprogramm

Cover der LP

Kurz danach änderte sich alles, denn das Corona-Virus breitete sich rasant aus, erreichte Europa und hält inzwischen die ganze Welt in eisernem Griff. Was das bedeutet, brauche ich nicht auszuführen, wir alle wissen durch die Medien Bescheid. Es ist vernünftig, sich an die von der Regierung erlassenen Vorschriften zu halten, auch wenn es nicht in jedem Punkt leicht fällt. Am schwersten ist, dass wir uns nicht mit unseren Lieben und Freunden treffen können, aber wir haben die Möglichkeit, über Handy und Computer Kontakt zu halten. Ich verbringe meine Tage daheim (abgesehen von den häuslichen Pflichten) mit Briefe schreiben (mit der Hand, da mein Drucker streikt), Musik hören, telefonieren, skypen, Kreuzworträtsel lösen, mein eingerostetes Englisch aufzubessern und natürlich lesen (ich bin ja eine Leseratte). Zudem hat mich letzte Woche eine Freundin angerufen und überredet, unseren ganz privaten, aber vor längerem abgebrochenen, Lateinkurs wieder aufzunehmen.
Erwähnen möchte ich noch, dass ich von mehreren, unerwarteten Seiten Hilfsangebote für Erledigungen bekommen habe. Auch wenn ich diese Angebote nicht annehme - ich könnte es mir nie verzeihen, dass sich diese Personen infizieren, weil sie mir helfen wollten - war es eine wunderbare Erfahrung!
Es ist eine schwierige Zeit für uns alle, aber lasst uns die Hoffnung nicht aufgeben, dass diese tiefe Krise vorbei geht und die Menschheit nicht wieder dieselben Fehler macht wie vorher. Passt auf euch auf, seid zuversichtlich, seid stark und bleibt gesund!